Festkolloquium zum 70. Geburtstag von Prof. Dr.-Ing. Peter Vary

Am 2. Februar 2018 feierte Herr Prof. Vary seinen 70. Geburtstag. Zu seinen Ehren veranstaltete das Institut ein Festkolloquium, bei dem ehemalige Doktoranden in einem bunten Programm informativ und unterhaltsam aus den unterschiedlichen Epochen und Themen des Instituts berichteten.

Drei Jahrzehnte hat Peter Vary engagiert, prägend und mit großem Ideenreichtum das Institut für Nachrichtengeräte und Datenverarbeitung (jetzt Institut für Kommunikationssysteme) geleitet. Mit seinen wissenschaftlichen Beiträgen im Bereich der digitalen Sprachverarbeitung und der Mobilfunktechnik hat er weltweit große wissenschaftliche Anerkennung gefunden.

Bereits vor der Einführung des digitalen Mobilfunks hatte Peter Vary gemeinsam mit seinem Team bei der Philips Kommunikations Industrie (PKI) mit der Entwicklung des GSM Vollraten Codecs, des weltweit ersten Sprachcodier-Standards für volldigitale Mobilfunknetze, entscheidende Impulse gesetzt. Nach seinem Wechsel 1988 an die RWTH Aachen standen dann in der Folge die digitale Sprach-Audio-Kommunikation und Mobilfunksysteme im Zentrum seiner Forschungsaktivitäten. In Kooperationen mit Netzbetreibern und Herstellern von Mobilfunktelefonen wurden im Laufe der Jahre vielfältige Beiträge zur internationalen Standardisierung der wichtigsten Sprachcodecs, u.a. zum GSM/3GPP Adaptive Multirate (AMR) Codec geleistet. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang seine Vision von der Erweiterung der klassischen schmalbandigen Telefonie auf Breitbandsprache bis hin zu HD-Voice, die sich u.a. in den Standards des AMR Wideband Codecs und des ITU-T G.729.1 Codecs mit Techniken der künstlichen Bandbreitenerweiterung wiederfindet.

Neben der Quellencodierung lag ein Schwerpunkt im Bereich der adaptiven Signalverbesserung für die digitale Sprachkommunikation unter dem Einfluss von akustischen und funktechnischen Störungen. Als Innovator und „Architekt“ hat er die rasante wissenschaftliche und technologische Entwicklung in Bereichen wie der ein- und mehrkanaligen Störgeräuschreduktion, der Echokompensation, der aktiven Störgeräuschkompensation oder der Verbesserung der Sprachverständlichkeit in akustisch gestörter Umgebung vorangetrieben, um nur einige Beispiele hervorzuheben. Frühzeitig hat Peter Vary auch die Synergien der Signalverarbeitungs- und Codierungsalgorithmen von Mobiltelefonen und digitalen Hörgeräten erkannt und mit der Signalverarbeitung in der Audiologie einen weiteren Anwendungsschwerpunkt am Institut etabliert.

Neue Perspektiven haben sich auch durch die Arbeiten im Bereich der iterativen Quellenkanaldecodierung für die fehlerkorrigierende Funkübertragung eröffnet. Darüber hinaus wurden am Institut Fragen der Qualitäts- und Kapazitäts-Steigerung im Mobilfunk behandelt. Wie lässt sich die Effizienz der Frequenznutzung im aktuellen LTE Mobilfunk-Standard steigern oder wie könnte eine gemeinsame Weiterentwicklung der terrestrischen TV-Versorgung (DVB) und des mobilen Zugangs zum Internet aussehen?

Die Ausstrahlung seiner Forschungsarbeiten geht auch auf eine rege Publikationstätigkeit zurück, darunter gleich mehrere Fachbücher. Insbesondere das englischsprachige Lehrbuch über die Grundlagen der Sprachsignalverarbeitung und -übertragung hat international große Akzeptanz erfahren und wird weltweit in der Lehre eingesetzt.

Als Forscher und als Hochschullehrer hat Peter Vary großen Wert auf eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis gelegt. Neben den theoretischen Grundlagen und Algorithmen hat er den Blick stets auch auf Realisierungsaspekte und Anwendungen gelenkt. Beim Besuch seiner Vorlesung hatte man das Gefühl, ihm sei die Didaktik bereits in die Wiege gelegt worden. Auch das Erlernen komplizierter mathematischer Zusammenhänge fiel auf diese Weise leicht.  

Herr Prof. Vary ist vielfach ausgezeichnet. Stellvertretend seien hier die Ernennungen zum Fellow of the IEEE Signal Processing Society und zum Fellow of the European Society for Signal Processing (EURASIP) genannt. Auch in der Wissenschaftsgemeinde hat er sich vielfältig engagiert, z.B. als Distinguished Lecturer der IEEE Signal Processing Society, als Associate Editor der IEEE Transactions on Speech and Audio Processing oder im Editorial Board des International Journal of Electronics and Communications (AEÜ). Zudem ist er als Tagungsleiter von nationalen und internationalen Konferenzen aufgetreten und hatte mehrere Jahre den Vorsitz des ITG-Fachausschusses 5.1 "Informations- und Systemtheorie“ inne. Peter Vary war Mitglied in Programm-Komitees zahlreicher internationaler Konferenzen und Workshops sowie Mitglied des Münchener Kreises. Schließlich sei seine langjährige Tätigkeit im wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen bei der Bundesnetzagentur und sein Vorsitz der Jury für den Innovations- und Förderpreis der Vodafone Stiftung für Forschung in der Mobilkommunikation aufgeführt. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren war er Vertrauensdozent der Studienstiftung des Deutschen Volkes.

Die Kombination von Forschungstiefe und -breite seiner wissenschaftlichen Tätigkeit sind definitiv sein besonderes Alleinstellungsmerkmal. Mit seinen herausragenden Kenntnissen, seiner Neugier und seinem Enthusiasmus hat er eine ganze Generation von Doktoranden inspiriert und geprägt, die nun ihrerseits die Wissenschaft in seinem Sinne „weiterleben“. Auf die Frage, woher er seine persönliche Motivation beziehe, antwortete er einst: „Zu sehen, wie sich junge Studierende im Institut unter meiner Anleitung über einige Jahre zu promovierten Absolventen entwickeln, ist für mich Ansporn und Freude zugleich.

Professor Peter Vary – nicht nur ein großartiger Wissenschaftler und Institutsleiter, sondern auch ein Lebenskünstler, der in seiner Tätigkeit seine Berufung gefunden hat. Das Institut für Kommunikationssysteme gratuliert ganz herzlich zu diesem besonderen Geburtstag.

Prof. Dr.-Ing. Peter Jax | Aachen, im Februar 2018